Thema: Religion
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  #44  
Alt 09-12-2007, 20:21
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Ejup Bayrami Ejup Bayrami ist offline
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Zitat von Rejana Beitrag anzeigen
Und auch wenn man diesen Sachverhalt anbringt, der ja nun nicht von der Hand zu weisen ist, steht für sie immer noch der Grundsatz: „Alle Sprache ist von Gott eingegeben und damit gleich zu bewerten“. [...] Man stößt also mit dem Wort „theologische Entwicklung“ bei den Fundamentalchristen in der Regel auf Granit, zumindest in der Öffentlichkeit.
Die Bibel ist Gottes Wort in Menschenwort, sie ist von Gott inspiriert und eingegeben. Aber Menschenwort ist fehlbar. Das haben Menschen so an sich. Und unter dem Begriff „Inspiration“ kann man auch so viel verstehen.
Na ja, ich muss dir das nicht sagen Martina, aber ich kann einfach nicht verstehen, wie man die Bibel so deuten kann, wie die Fundamentalchristen es tun... Und ich glaube noch nicht einmal, dass die außerhalb der Öffentlichkeit anders denken. Sie wollen ja gar nicht anders denken. Im Prinzip, wenn man es auf eine Formel bringen möchte, machen sie ihren eigenen Willen zu Gottes Willen.

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Zitat von Rejana Beitrag anzeigen
Doch in seinem ganzen Erdenleben hat Jesus sich ganz klar dem Willen des Vaters in jeglicher Hinsicht untergeordnet, sogar behauptet, er könne ohne ihn nichts tun und er täte nur die Dinge, die er seinen Vater im Himmel tun sieht. (Vgl. Joh 8,26-28 ). Inwiefern er da in allen Dingen informiert war, geht meines Erachtens aus der Bibel nicht deutlich hervor.
Ich glaube, dass es hier nicht darum geht, was Jesus weiß oder nicht weiß, sondern dass Jesus seine Rolle als Christus deutlich macht. Jesus als Christus ist die Fleischwerdung Gottes. Er ist nicht gekommen, um etwas ganz Neues zu beginnen, sondern um die Schrift zu erfüllen. Er ist von Gott gesandt und mit seiner Vollmacht gesegnet. Er tut, was Gott tut und er sagt, was Gott sagt. Jesus handelt nicht in seinem Namen, sondern im Namen Gottes.
Ich glaube nicht, dass Jesus Gott untergeordnet ist. Er beschreibt mit der Vorstellung von Vater – Sohn nur die enge Beziehung. Jesus offenbart sich in den Schriften nur nach und nach, denn erst durch Tod und Auferstehung wird er zum Christus. Deshalb befiehlt er seinen Jüngern, niemandem zu verraten, dass er der Messias ist.

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Zitat von Rejana Beitrag anzeigen
Trotz Wesensgleichheit finden wir in Markus 13,32 ganz klar, dass Jesus eben nicht alles weiß und bestimmte Dinge dem Vater vorenthalten sind, wie beispielsweise hier den Zeitpunkt der Endzeit.
In der Tat eine schwierige Stelle. Zumal Jesus zwei Verse davor noch sagt: „Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft.“. das deutet ja eben wieder an, dass er den Zeitpunkt doch kennt.
Was ausgedrückt werden soll ist, dass Jesus eben im Namen des Vaters/ im Namen Gottes handelt und deshalb den Zeitpunkt des Endes als Mensch noch nicht wissen kann, da der Zeitpunkt einfach noch nicht gekommen ist. Es ist nicht seine Aufgabe, den Menschen zu verkündigen, dass das Ende angebrochen ist, bzw. wann das Ende angebrochen ist.
Ich finde es geht auch zu weit, darüber zu spekulieren, was Jesus weiß und was nicht, weil das nicht Aussageabsicht der Texte ist. Ein fundamentalchristlich denkender Mensch wird das vermutlich anders sehen.

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Zitat von Rejana Beitrag anzeigen
Zusätzlich wird es –logischerweise- als Angriff gedeutet. Immerhin ist „Gotteslästerung“ für einen Fundamentalchristen, der unglaublich Angst hat, durch seine Taten/Untaten bedingt nicht in den Himmel zu kommen, ein schwerer Vorwurf. Das Werk der Gnade Jesu Christi wurde demzufolge auch nicht vollständig erfasst, würde ich sagen. Aber das hängt auch damit zusammen, dass die eigenen Entscheidung im und um das Glaubensleben herum eine große Betonung erfährt.
Deshalb würde ich auch keinem Fundamentalchristen direkt vorwerfen, er begehe Gotteslästerung. Das wäre ja auch ein ziemlicher Angriff auf mein Gegenüber, ich glaube kaum, dass ich ihn sonst noch irgendwie stärker beleidigen könnte.

Allerdings habe ich festgestellt, dass die Fundamentalchristen durchaus verstanden haben, dass man sich durch gute Taten das Reich Gottes nicht verdienen kann. Es gehört für sie allerdings zum Ausleben des Glaubens dazu, sich nach moralisch „richtig“ zu verhalten. Dahinter steckt aber ein Menschenbild, das leider sehr negativ ist. Ich habe mal im Kreise einer kleineren Gruppe erwähnt, dass pädagogische Konzepte davon ausgingen, dass der Mensch an sich gut ist. Das Ende vom Lied war dann quasi, dass die Gruppe (mit Ausnahme meiner Person) davon ausging, dass Pädagogik Blödsinn ist, wenn man von solch einer Hypothese ausginge... (Zugespitzt formuliert, die Ablehnung in der Gruppe war aber ganz deutlich spürbar.)
Der Mensch an sich ist schlecht und ein Sünder, das ist folglich der Gedanke, der die Vorstellung der Fundamentalchristen wiederspiegelt. Das ist natürlich nicht nur in diesen Kreisen verbreitet. Die Vorstellung ist ja sicher noch bei vielen Menschen älteren Semesters verbreitet.

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Zitat von Rejana Beitrag anzeigen
Beispielsweise bedient sich der fundamentale Atheismus, der meiner Meinung nach eine Überbetonung der Vernunft aufweist sich sehr gerne der Naturwissenschaft und ihrer Ergebnisse und hier herrschen auch ganz klare Bestrebungen die Welt nicht nur ohne Gott zu erklären sondern deren Ursprung und Sinn vollständig aus den Erkenntnissen der Naturwissenschaften abzuleiten. Auch wenn Bücher von Verfechtern dieser Szene, wie Richard Dawkins „Das egoistische Gen“ auf den ersten Blick in sich schlüssig erscheinen und nahezu alle „geistlichen Argumente“ auszuhebeln scheinen (Die MEM- Theorie der Informationsweitergabe ist sehr lesenswert), bleiben am Ende immer noch Fragen offen, die durch die Naturwissenschaft nicht zu erklären sind- aber auch hier, wie in anderen fundamentalen Richtungen keine Beachtung finden. Da sind wir wieder bei dem selektieren, „unter den Tisch kehren“, wenn auch in diesem Fall auf einen hohen intelektuellen Niveau.
Ich kann also auch hier erkennen, dass lediglich ein Schema abgearbeitet wird.
Von Dawkins findet sich ja derzeit auch „Der Gotteswahn“ in den Bestsellerlisten wieder. Ich hatte mir das Ding mal angeschaut, Klappentext gelesen und mal ein bisschen durchgeblättert, aber im Grunde weiß ich schon vorher was mich da erwartet. Es ist überhaupt nicht möglich die Existenz eines Gottes auszuschließen noch zu beweisen. Sonst müsste man ja auch nicht glauben. Jede Bemühung in diese Richtung mag wohl das Bestreben des Menschen nach absoluter Erkenntnis befriedigen, aber ist doch letzten Endes vollkommen unnütz. Nebenher ist diese Form des Atheismus ja auch wieder ein Glaube der allerdings nicht dem Streben nach einer verbindlichen Moral und Ethik dient. (Was nicht heißen soll, dass ein Atheist nicht moralisch handeln kann.)

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Zitat von Rejana Beitrag anzeigen
Ich sehe das ein wenig anders. Latenter Judenhass war auf jeden Fall in der Zeit des Nationalsozialismus noch vorhanden- wenn nicht sogar offener Judenhass. Die Juden waren nie vollständig integriert, würde ich sagen.[...]
So plötzlich, wie du es daher schilderst, war es demzufolge gar nicht. Salopp gesagt rappelte es –in Bezug auf Antisemitismus- immer Mal wieder das letzte Jahrtausend über im Karton.
Natürlich war der Antisemitismus latent vorhanden und in bestimmten Bevölkerungsschichten auch verbreitet. Sonst hätte ein politisches System den Antisemitismus niemals so sehr schüren können, wie es im dritten Reich dann geschehen ist. Worauf ich eigentlich hinaus wollte war, dass Juden nicht direkt als Juden wahrgenommen wurden. Sie sahen ja nicht anders aus, wenn man ihnen auf der Straße begegnete. Erst kürzlich war ich bei einem Vortrag eines Juden, der die Bergpredigt aus jüdischer Sicht interpretierte. Er erzählte u. a. von seinen Eltern, die in einem Ort lebten, wo sie sehr lange „unentdeckt“ leben konnten und sich selbst auch gar nicht als Fremde wahrnahmen, bis letztlich der Bürgermeister, der mit den Nazis sympathisierte, erfuhr, dass sich ein jüdisches Paar in seiner Gemeinde aufhielt. Daraufhin musste das Paar flüchten und stellte dann erst fest, dass das ganze Dorf, in dem sie lebten, wusste, dass die beiden jüdischen Glaubens waren. Viele aus dem Dorf halfen den beiden bei der Flucht.
Was ich damit deutlich machen will, ist, dass sicher ein großer Teil der Bevölkerung nicht antisemitisch war oder sich so verhielt. Juden waren oft angesehene Leute, die in der Regel auch nicht zu den armen Leuten zählten. Durch die Nationalsozialisten wurde wieder ganz stark auf die Juden aufmerksam gemacht. Das was latent als Hass vorhanden war, wurde offen zu Tage getragen und von der Regierung legitimiert. So wurden ganz normale deutsche Menschen plötzlich zu Fremden gemacht, die einen Stern als Erkennungszeichen tragen mussten und die zuerst Hab und Gut und anschließend ihr Leben verloren.

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Zitat von Ejup Bayrami
In den Augen der fundamentalen Christen wäre es ja tatsächlich gut und richtig, wenn alle andersgläubigen Menschen „ausgerottet“ wären.
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Na-ganz so niedrig denkt wohl nicht jeder Vertreter der Fundamentalchristen.
Das habe ich nicht wörtlich gemeint. Eher in dem Sinne der „Überzeugung“ aller Menschen.
Aber wie mir von Seiten eines Freundes versichert wurde, nimmt Gott auch einfach mal Menschen aus dem Leben, wenn die nicht glauben. „Das kann er!“, sagte der Freund seinerzeit zu mir.

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Zitat von Rejana Beitrag anzeigen
Zusätzlich wird diskutiert, ob Toleranz Sünde sei. Ein Schlagwort dazu: „Die neue Toleranz“- interessantes Buch. Ich sage das übrigens nicht ohne Sorge, denn vor dem fundamentalen Islam habe ich weniger Angst, der ist (noch) nicht subtil genug, um eine Gesellschaft wie unsere zu infiltrieren.
Ich habe mir gerade die Kurzbeschreibung zu dem Toleranzbuch bei Amazon durchgelesen. Da sträuben sich einem ja gleich die Haare, wenn man nur diesen kurzen Text liest. Wenn man etwas von vornherein als absolute Wahrheit versteht, kann man es ja nicht mehr anzweifeln. Das ist ja schon wieder ein Zirkelschluss, durch den begründet wird, warum die Bibel recht hat.
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich weder Angst vor dem fundamentalen Christentum, noch vor den Islamisten habe. Immerhin gibt es in unserer Gesellschaft die Möglichkeit noch so ziemlich alles veröffentlichen zu dürfen, was man möchte. Und so lange das der Fall ist, liest man aus allen Richtungen etwas und darf sich dann entscheiden, wohin man tendiert. Erst wenn nur noch Bücher aus einer ganz bestimmten Richtung zu lesen sind und anderes nicht mehr publiziert wird, mache ich mir Sorgen.

Rest kommt später. Das wird ja immer länger hier. *gg*
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