Tröstet euch, ich habe es trotzdem mitbekommen.
Nur antworten kann ich nicht viel darauf. Die von mir geäußerte Ansicht entspricht meiner gewonnenen Lebenserfahrung. Und diese läßt sich nicht übertragen. Auch ist sie nicht beweisfähig.
Ich kann nur noch näher ausführen, wie ich es meine. Ich habe in meinem Leben viele Leute kennengelernt und dabei festgestellt, daß sie sich in zwei Kategorien teilen, die geistige und die ungeistige. Die Zugehörigkeit zu einer dieser Klassen scheint genetisch zu sein, denn sie richtet sich nach keinerlei äußerlichen Affizierung. So kenne ich jemanden, dem als kleinen Jungen jegliche Anteilnahme am Geist unmöglich wurde, indem es keine Bücher gab und er auf eine bayerische Zwergschule ging, in der es nichts zu lernen gab. Obwohl ihm auch später der Zugang immer wieder verweigert wurde, hat er sich, bis heute, immer für die Welt des Geistes interessiert und ist, als ein Autodidakt, Bewohner derselben geworden.
Andererseits gibt es Leute, die jeden Zugang haben, aber sich niemals dafür interessieren würden, sondern ausschließlich für die materiellen Güter des Lebens. Unter BWLern ist so etwas sehr häufig.
Wenn man sich nun länger mit solchen Leuten unterhält, so weiß man, welchen Geistes Kind sie sind.
Nun und Kategorie 2 überwiegt bei weitem, Kategorie 1 ist selten.
Was nun das Beispiel mit dem Neger angeht, so ist es eine Selbstverständlichkeit, daß sein ganzes Streben, wenn er hungert, um's Essen kreisen wird. Auch dann, wenn er ein geistiger Mensch ist. Seine geistigen Interessen können erst dann wieder hervortreten, wenn die fundamentalsten physischen Notwendigkeiten gewährleistet sind.
Wenn du eines weiteren Beweises bedarfst, dann erinnere ich dich daran, daß in der Nachkriegszeit auch Professoren mit den Zügen auf's Land gefahren sind, um einige Kartoffeln zu kaufen. Oder sie haben Bäume gefällt, oder Kohle von Zügen geklaut, damit sie nicht erfrieren. Sie haben in dieser Zeit KEINE Abhandlungen über Deuterojesaja geschrieben, sondern waren den ganzen Tag damit beschäftigt, Essen und Heizmaterial heranzuschaffen.
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Und, da ich gerade am raisonieren bin, noch ein letzter Kommentar zu deiner derzeitigen Signatur: "Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen.Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben."
Sicher ist es bitter, solche zu verlieren, doch manchmal unvermeidlich. Insbesondere, wenn sich diese als zu idealistisch-illusionär erweisen. Jedoch, wenn man diese verliert, so erhält man etwas im Austausch zurück, nämlich Weisheit.
Das ist immer so im Leben, für jedes, das man verliert, gewinnt man etwas im Austausch dazu. (Daß geringer oder größer sein kann, als das Verlorene.)
Man verliert also sein Leben als Idealist und Groß-Illusionist, aber man gewinnt ein Leben als Weiser. Das Leben als Weiser aber ist immer bitter, denn man sieht, was andere nicht sehen. (Kassandraeffekt.)
Geändert von Moltke (23-02-2003 um 23:09 Uhr).
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