In der Wlt ist der passende Kommenar dazu geschrieben worden, solltet ihr mal lesen!
Ein Vorschlag zur Güte
Ökologismus entwickelt sich in vielen westlichen Ländern zu einer neuen Frömmigkeit. Doch seine Anhänger scheuen das Bekenntnis zum Glauben -
Essay
von Dirk Maxeiner und Michael Miersch
Funktionieren Religionen wie Märchen oder wie Sex? Areligiöse Menschen bevorzugen meist die erste Hypothese: Wie ein Kind an Märchenfiguren klammert sich der religiöse Mensch an den lieben Gott. Er kann die Einsamkeit im dunklen Kosmos nicht ertragen und schafft sich Erleichterung durch den Glauben. Man muss ihn nur ordentlich aufklären, dann gelangt er zur geistigen Freiheit. Viele religiöse Menschen beschreiben ihren Glauben jedoch ganz anders: als ein tiefes inneres Bedürfnis, dass sich Bahn bricht. Eine Art spirituellen Trieb, den man, wie den sexuellen, zwar einen Weile unterdrücken kann, der aber in verschiedensten Ausprägungen immer wieder hervortritt.
Die geistige Landschaft, die sich im letzten Vierteljahrhundert in Europa herausgebildet hat, bestätigt eher die zweite Hypothese. Die Kirchen werden immer leerer, aber es gibt wenig Anzeichen dafür, dass nun Agnostiker das Terrain erobern. Stattdessen breiten sich in den gebildeten Schichten neue religiöse Strömungen aus: Buddhismus, Anthroposophie und Esoterik in allerlei Spielarten. Die stärkste und am weitesten verbreitete Strömung lehnt es jedoch strikt ab, Glauben genannt zu werden: der Ökologismus. Dabei hat er es in Deutschland und einigen anderen Ländern beinahe schon zur neuen Staatsreligion gebracht.
In Kinderbüchern und Videoclips, in Vorabendserien und Parteiprogrammen durchziehen längst ökologistische Glaubenssätze die öffentliche Sprache. Die überlieferten religiösen Muster erfahren dabei Bedeutungsverschiebungen, bleiben jedoch in ihre Symbolkraft bestehen. Wie im Christentum rankt sich die Vorstellungswelt des Ökologismus um die Erwartung einer Endzeit, auf die man sich durch Verzicht und Buße vorbereiten soll. Das Schrifttum zur "Klimakatastrophe" steckt voller solcher Motive. Die Natur ist gut, der Mensch ist schlecht. Und wenn der Mensch nicht gehorcht, droht ihm "die Rache der Natur". Die erzürnte Naturgöttin verlangt Beschwichtigungsrituale, was die Inbrunst erklärt, mit der viele ihren Müll sortieren.
Das Natürliche: rein, unverdorben, heilig. Das vom Menschen gemachte: sündhaft, schmutzig, verderbt. In der Popkultur haben die Wale die Rolle der Engel eingenommen: gütige und weise höhere Wesen, die uns Botschaften übermitteln. Wie das kirchliche Abendmahl festigen Lichterkette und Sitzblockade die Gemeinschaft der Gläubigen. Und wie in allen Religionen sorgen Nahrungstabus für elitäre Abgrenzung von den unreinen Heiden. "Bio" ist nichts anderes als "halal" oder "koscher", eine mentale Hilfestellung zur Festigung des Glaubens im Alltag (es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass gentechnikfreie Lebensmittel, oder solche, die nach den Richtlinien der Ökoverbände erzeugt wurden, gesünder oder nahrhafter seien). Erlösung verspricht einzig der "ökologische Kreislauf", der die individuelle Vergänglichkeit in den ewigen Zirkel der Natur transzendiert.
Kürzlich fiel uns ein Merkblatt der Polizeigewerkschaft zum Schutz vor Sekten in die Hände. Es listet 13 Kriterien auf, nach der ein Neuling erkennen kann, ob es sich bei einer Gruppe, der er sich anschließen möchte, um eine Sekte handelt. Fast alle Treffen auf die ökologistische Glaubensbewegung zu. Drei Beispiele:
-Die Welt treibt auf eine Katastrophe zu, nur die Gruppe weiß, wie man die Welt noch retten kann.
- Die Gruppe ist die Elite, die übrige Menschheit ist krank und verloren wenn sie nicht mitmacht oder sich retten lässt.
- Die Gruppe lehnt die etablierte Wissenschaft ab. Die Lehre der Gruppe wird als einzig echte Wissenschaft verstanden.
Aus der "Gruppe" ist längst eine breite Volksbewegung geworden. Die Sektenbrüder stehen nicht an der Straßenecke und halten Missionsbroschüren in die Höhe. Sie haben Schlüsselpositionen in Staat und Gesellschaft besetzt und treffen dort, gestützt auf ihren Glauben, tagtäglich weit reichende Entscheidungen, die bedauerlicherweise auch für Nichtgläubige verbindlich sind. 200 Jahre nach der französischen Revolution hat eine Religion in vielen Bereichen die Macht im Staate zurückerobert. Es ist allerdings nicht die gute alte, sondern eben eine neue Kirche, von deren Kanzel da mitregiert wird.
Ganz wie die Christen und Juden vor der Aufklärung oder viele Moslems noch heute halten Ökologisten ihren Glauben nicht für einen Glauben, sondern für eine Bestandsaufnahme unleugbarer, naturgesetzlicher Tatsachen. Das macht den Umgang mit ihnen so schwierig. Diskussionen um ökologische Streitfragen geraten oft deshalb so unversöhnlich, weil die gegensätzlichen Parteien nur scheinbar über das gleiche verhandeln. Die einen reden über den Schutz der Umwelt. Den anderen geht es unausgesprochen darum, den Menschen mit Hilfe eines geschlossenen Weltbildes Halt zu geben. Wenn ein ganzes Volk mit leeren Dosen im Kreis herumgeschickt wird (und das in großer Zahl auch gut findet), dann geht es erkennbar um Erhalt eines Weltbildes, nicht um Ressourcenschonung. Es ist hoffnungslos, mit Statistiken und wissenschaftlichen Gutachten gegen religiöse Überzeugungen anzurennen. Wer bei solchen Auseinandersetzungen nicht den Verstand verlieren will, sollte sein Gegenüber jedoch nicht als inkonsequent und geistig beschränkt ansehen, sondern als einen tiefgläubigen Menschen. Das bringt zwar noch keine Lösung, erleichtert aber den Umgang miteinander.
Wer dem Ökologismus anhängt, hat selbstverständlich das gleiche Anrecht auf Toleranz wie ein Christ, Jude oder Hindu. Es wird sich auf Dauer jedoch nicht vermeiden lassen, wieder einen klaren Trennungsstrich zu ziehen zwischen Glaubensbekenntnissen und ökologischer Vernunft, zwischen Kirche und Staat. Ohne eine solche Trennung, werden die Mythen und Legenden früher oder später das Umweltthema überwuchern. Gerade weil der Ökologismus häufig im Gewand der Wissenschaft auftritt, ihre Ausdrucksweise imitiert und sich ihre Autorität anmaßt, ist kritische Distanz geboten.
"Wir sind zum Guten oder Schlechten die Erben der Aufklärung und des technischen Fortschritts," schrieb Max Horkheimer, "sich ihnen zu widersetzen durch Regression auf primitive Stufen, mildert die permanente Krise nicht, die sie hervorgebracht haben. Im Gegenteil, solche Auswege führen von historisch vernünftigen zu äußerst barbarischen Formen gesellschaftlicher Herrschaft. Der einzige Weg, der Natur beizustehen, liegt darin, ihr scheinbares Gegenteil zu entfesseln, das unabhängige Denken." Erkenntnisse, die durch unabhängiges Denken und Forschen gewonnen werden, stehen oftmals im Gegensatz zu den Glaubenssätzen des Ökologismus, der sich von der wissenschaftlichen Ökologie immer weiter entfernt hat. So wird kein Forscher heute mehr ernsthaft behaupten, es gebe in der Natur ein Gleichgewicht. Stand des Wissens ist, dass die Evolution durch extreme Ungleichgewichte voranschreitet. Dennoch gehört das Motiv des "natürlichen Gleichgewichts", der "Balance", nach wie vor zu jeder Sonntagsrede von Oskar Lafontaine bis Peter Gauweiler. Auch die ökologistische Vorliebe für das Ländliche, Bäuerliche im Gegensatz zur verdorbenen Industriekultur ist mit ökologischen Fakten nicht zu vereinbaren. Nüchtern betrachtet nimmt die Primärwirtschaft auch heute noch wesentlich mächtiger Einfluss auf Landschaften, Pflanzen und Tiere als jedes Atomkraftwerk und jede Autofabrik. Archaische Praktiken wie Brandrodung, Jagd, Fischerei oder die Umwandlung von Wäldern in Ackerland verändern die Natur des Planeten erheblich stärker als die moderne Technologie, die den Ökologisten so suspekt ist.
Leider finden Wissenschaftler und Umweltschützer, denen es um die Sache geht, relativ wenig Gehör. Sie arbeiten an Universitäten und wissenschaftlichen Instituten, als Umweltbeauftragte in der Industrie oder Naturschutzexperten in Nationalparks. Doch in den Ökoverbänden, der Partei der Grünen und den von ihr dominierten Ministerien sind solche Menschen auf verlorenem Posten. Dort ist das Terrain der ökologistischen Priesterkaste. Deren Welt besteht aus Symbolen - Symbolen des Bösen und des Guten. Und wehe, jemand meldet Zweifel am ewigen Leben per "Nachhaltigkeit" oder der "Klimakatastrophe" an!
Nun ist man in einer Zeit, in der fundamentalistische Gottesmänner Blutbäder in aller Welt anrichten, dankbar für Religionen, die keine Menschenleben kosten. Doch hat der Ökologismus auch hier seine Unschuld verloren. Er kostet inzwischen Menschenleben, und zwar sehr viele. Weltweit stirbt alle 30 Sekunden ein Mensch an Malaria. Mitverantwortung dafür tragen westliche Öko-Eliten und ihnen hörige Regierungsvertreter, die gegen jede Vernunft und gegen jedes soziale Gewissen eine kurzsichtige Ächtung des Spritzmittels DDT durchgesetzt haben. Es tötet die Anophelesmücke, welche die Malaria überträgt. Weltweit hat das Insektizid Millionen Menschenleben gerettet. Die Malaria stand einmal kurz vor der Ausrottung. Dann stellte man fest, dass einige Vogelarten unfruchtbar wurden, weil sich das Insektengift in ihren Körper angesammelt hatte. Eine Gefährdung von Menschen bei sachgerechter Benutzung konnte bis heute (nach einem halben Jahrhundert eingehender Studien) nicht eindeutig nachgewiesen werden. Dennoch arbeiteten die Chemiegegner auf ein absolutes Verbot hin. Von Entwicklungshilfe abhängige Länder wurden genötigt, auch dort auf DDT zu verzichten, wo es gegen Malariamücken eingesetzt wurde.
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